Spuren Gottes in der Schöpfung
Gott teilt sich uns in seiner Schöpfung und Offenbarung mit. Wenn vieles auch unser Begreifen übersteigen, so können wir in ihnen doch deutlich die Spuren des Schöpfers erkennen. Dennoch erkennen viele den Urheber des Seins nicht. "Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was doch auf der Hand liegt ... " (Weish 9,16), heißt es im Buch der Weisheit. Die ganze Schöpfung kündet von der Allmacht Gottes: "Die Himmel rühmen die Herrlichkeit Gottes, vom Werk seiner Hände kündet das Firmament. Ein Tag sagt es dem anderen, eine Nacht tut es der anderen kund, ohne Worte und ohne Reden, unhörbar bleibt ihre Stimme. Doch ihre Botschaft geht in die ganze Welt hinaus, ihre Kunde bis zu den Enden der Erde." (Ps 19,2-5) Die Schöpfung kündet von Gott. Seine Spuren sind in ihr erkennbar. Gott ist der Drei-Eine, der Unveränderliche, Ewige. Unsere Welt hingegen ist der Veränderung unterworfen. Sie steht unter dem Gesetz des Todes.
Vergänglichkeit und Unbeständigkeit, Verfall und Veränderlichkeit, Krankheit und Sterben - das sind die alltäglichen Erfahrungen des Menschen. Doch eine unbändige Sehnsucht nach Unveränderlichkeit und Beständigkeit, Leben und Heil, Glück und Ewigkeit lebt in jedem von uns. Der Mensch muss die Ahnung von einem verlorenen Paradies in sich tragen, nach dem er sich sehnt wie ein Verbannter nach seiner Heimat. In der Seele des Menschen ist durch seine Sehnsucht nach Unvergänglichkeit die Verbindung zum Ewigen nicht ausgelöscht. Ebenso wenig ist sie es in der Schöpfung. Wohl ist dem Kosmos das Gesetz des Todes eingeprägt, drei Leuchtspuren aber - Energie, Licht und Information - verweisen auf das Ewige, Absolute und Unvergängliche.
Es gibt viele verschiedene Energieformen: Lageenergie,
Bewegungsenergie, Verformungsenergie, elektrische Energie, Wärmeenergie ...
Unter Energie versteht man gespeicherte Arbeit oder Arbeitsfähigkeit. Schon
früh erkannten die Menschen die Möglichkeit der Energieumwandlung. Der
Mensch nützte die Bewegungs- und Lageenergie des fließenden Wassers in
vielfältiger Weise aus. Die Energie des Wassers wurde in Bewegungsenergie
von Mühlrädern, Schmiedehämmern, Generatoren ... umgeformt. Dadurch konnte
man Korn mahlen, Stahl schmieden und Turbinen betreiben.
Obwohl die Möglichkeit der Energieumwandlung von den Menschen schon
jahrhunderte lang ausgenützt worden war, gelange es den Physikern erst im
neunzehnten Jahrhundert, die dahinter stehende Gesetzmäßigkeit zu
formulieren.
Der deutsche Arzt und Physiker Robert Mayer wies die
Gleichwertigkeit von Wärmeenergie und mechanischer Energie nach. Damit
konnte er den bis zu diesem Zeitpunkt nur für mechanische Systeme als gültig
angesehenen Energiesatz auch auf die Wärmeenergie ausweiten und allgemein
formulieren, dass die Summe aller Energien immer konstant bleibt.
Dieser Erhaltungssatz der Energie wurde durch die Entdeckung neuer
Energieformen erweitert und vervollkommnet. Auch alle später noch entdeckten
Energieformen, selbst die Einbeziehung der Massenenergie, änderten nichts
mehr an der Gültigkeit dieses Gesetztes. Energie kann nur umgewandelt
werden. Sie kann nicht von selbst entstehen oder sich in Nichts auflösen.
Die konstante Summe der Energie verweist uns auf das Ewige, Unveränderliche.
Diese Unvergänglichkeit der Energie ist ein Hinweis auf den unvergänglichen
Gott. Energie ist unvergängliches Sein. In ihr erkennen wir die Handschrift
des Schöpfers, der zu Moses sprach: Ich bin der 'Ich-bin-da'." (Ex 3,14) Das
unvergängliche Sein der Energie verweist uns auf den, der ewig ist und alles
schuf, den Vater " ... der über allem und durch alle und in allem ist." (Eph
4,6)
Immer schon hat das Licht den Menschen fasziniert. Licht spendet Wärme und Leben; ohne Licht müssten wir sterben. Das Licht stimmt uns heiter und froh. Selbst Blinde erleben die wohltuende Wirkung des Lichtes, seine Wärme und Kraft.
Auch die Offenbarung Gottes ist voll von Bezügen zum Licht.
Der Psalmist spricht im Lobpreis: "Lobe den Herrn meine Seele! Herr mein
Gott, wie groß bist du! Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet. Du hüllst
dich in Licht wie in ein Kleid, ... " (Ps 104,1) Der Apostel Paulus weitet
diese Sicht aus und schreibt über den König der Könige: " ... Herr der
Herren, der allein die Unsterblichkeit besitzt, der in unzugänglichem Lichte
wohnt, den kein Mensch gesehen hat ... " (1 Tim 6,16) Gott wohnt in
unzugänglichem Licht. Doch in Jesus Christus ist uns der Zugang zu diesem
Licht geschenkt worden. Er ist " Das wahre Licht, das jeden Menschen
erleuchtet." (Joh 1,9) Jesus selbst sagt von sich "Ich bin das Licht der
Welt." (Joh 8,12) Er, das Licht hat "Kunde" vom ewigen Vater gebracht und
ist zum Mittler geworden. Er verbindet Himmel und Erde; er ist "Mittler
zwischen Gott und den Menschen." (1 Tim 2,5)
Christus hat sich selbst als Licht bezeichnet, es ist daher nicht
überraschend, dass wir im geschaffenen Licht auf eine zweite göttliche Spur
stoßen.
Ein Versuch des Amerikaners Albert Michelson führte im Jahre 1881 zum
sensationellen Ergebnis, dass dem geschaffenen Licht Absolutheitscharakter
zukommt. Wir kennen alle den Unterschied zwischen Rückenwind und Gegenwind.
Wenn wir uns mit dem Wind bewegen, also Rückenwind haben, dann scheint es,
als ginge nur wenig oder gar kein Wind. Bei Gegenwind haben wir den
Eindruck, es herrsche Sturm oder Orkan. Wir können uns natürlich auch von
einer Lichtquelle weg- oder hinzubewegen. Wir werden dann entsprechend dem
Rücken- und Gegenwind ein "Rücken- oder Gegenlicht" erwarten. Wenn wir uns
mit dem Licht bewegen, müsste uns das Licht langsamer treffen. Bei einer
Bewegung gegen das Licht würden wir analog zum Empfinden von Sturm bei
Gegenwind erwarten, dass uns das Licht mit einer größeren Geschwindigkeit,
mit einem "Lichtsturm" träfe. Paradoxerweise hat aber die Bewegung weg vom
Licht oder hin zum Licht keinen Einfluss darauf, mit welcher Geschwindigkeit
das Licht den Beobachter trifft. Es gibt also kein "Gegenlicht oder
Rückenlicht". Es geht immer der gleiche "Wind", das Licht trifft den
Beobachter immer mit derselben unveränderlichen Geschwindigkeit, der
Lichtgeschwindigkeit c. Dieses zunächst vollkommen unverständliche Ergebnis
einer Messung konnte erst dann erklärt werden, als man davon abging, Länge,
Masse und Zeit als konstante Größen zu betrachten, dafür aber die
Lichtgeschwindigkeit als unveränderliche Bezugsgröße einführte. Es entstand
eine vollkommen neue Lehre von Raum und Zeit.
Die Entdeckung der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit führte
zu einem völlig neuen Verständnis vom Sein. Vor diesem Versuch galt als
unumstößlich gesichert, dass Länge, Masse und Zeit un-veränderliche Größen
seien. Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit erwies allerdings diese These
als falsch. Die Arbeiten Albert Einsteins führten vielmehr zum Ergebnis,
dass Länge, Masse und Zeit eines bewegten Systems von dessen momentaner
Geschwindigkeit abhängig sind. Diese Abhängigkeiten formulierte Einstein in
seiner berühmten Relativitätstheorie.
Am einfachen Beispiel eines Raumflugzeuges soll gezeigt werden, wie sich
diese Erkenntnisse praktisch auswirken. Das auf der Erde sich im Ruhezustand
befindende Raumflugzeug hat eine bestimmte Ruhelänge l0. Für die
Masse des ruhenden Flugzeuges erhalten wir den Wert m0. In der
ruhenden Rakete vergeht die Zeit mit der Ruhezeit t0.
Nun beschleunigen wir die Rakete und starten zu einem interplanetarischen
Flug. Dabei wird sich die Rakete mit einer bestimmten Relativgeschwindigkeit
v von Erde fortbewegen. Diese Fluggeschwindigkeit bewirkt, dass die Rakete,
von der Erde aus gesehen, kürzer wird. Die Masse der Rakete nimmt zu und die
Zeit, die in der Rakete vergeht, verkürzt sich. Die Raketenfahrer sind
kleiner geworden, ihre Masse hat zugenommen und infolge der Zeitverkürzung
altern sie weniger rasch.
Obwohl es technisch nicht möglich ist, wollen wir im Geiste
dennoch unser Raumflugzeug so weit beschleunigen, dass es
Lichtgeschwindigkeit erreicht. Bei der Beschleunigung auf
Lichtgeschwindigkeit schrumpft die Rakete weiter und verliert bei Erreichen
der Lichtgeschwindigkeit ihre Länge. Die Masse der Rakete wächst über alle
Grenzen und wird unendlich. Gleichzeitig hat die Zeit in der Rakete
aufgehört zu sein. Bei ihrer Bewegung mit Lichtgeschwindigkeit, wir können
auch sagen "im Licht", gibt es für unsere Raumfahrer nun weder Zeit, noch
Länge, dafür aber unendliche Masse.
Die Ergebnisse unserer Überlegungen auf Grund der Relativitätstheorie
entsprechen nicht unseren unmittelbaren Erfahrungen. Bei einer Reise mit dem
Zug, Auto oder Flugzeug bemerken wir weder eine Verkürzung, noch eine
Gewichtszunahme; auch die Zeit scheint wie immer fortzulaufen. Trotzdem gilt
auch dafür die Relativitätstheorie. Wir werden auch bei einer Fahrt im Auto
kürzer, schwerer und altern weniger rasch. Wir erleben aber diese
faszinierenden Veränderungen an uns nicht, weil sie bei unseren geringen
Geschwindigkeiten außerordentlich klein sind. Die Veränderungen an uns sind
ja vom Verhältnis unserer Reisegeschwindigkeit v zur Lichtgeschwindigkeit c
abhängig. Dieses Verhältnis beträgt aber selbst bei den schnellsten
Passagierflugzeugen eins zu einer Million! Bedeutende merkbare Veränderungen
von Länge, Masse und Zeit ergeben sich erst bei Annäherung der
Reisegeschwindigkeit an die Lichtgeschwindigkeit.
Die Ergebnisse der Relativitätstheorie zeigen daher, dass
die Bestimmungsgrößen der Materie - Länge, Masse und Zeit - veränderlich
sind und vom Verhältnis ihrer Geschwindigkeit zur Lichtgeschwindigkeit
abhängen. In Bezug zum "Licht", so könnten wir sagen, erhält die Materie
ihren momentanen Zustand.
Christus ist " ... das Licht der Menschen." (Joh 1,4). Unser ganzes Sein ist
abhängig von unserem Verhältnis zu ihm. Nur wenn wir uns messen am " ...
wahren Licht ..." (Joh 1,9) werden wir unsere wahre Größe erkennen, genauso
wie die Größe des geschaffenen Seins von seinem Bezug zum geschaffenen Licht
abhängt. Im geschaffenen Licht finden wir daher eine Spur zum ungeschaffenen
Licht, zum "Licht vom Lichte."
Die gesamte belebte und unbelebte Natur gehorcht eingeprägten Gesetzen. Diese Gesetze sind universell, gelten für den gesamten Kosmos und können nicht aus sich selbst entstehen. Nach dem heutigen Stand der Informationstheorie ist Information an eine Person gebunden. Die Entscheidung darüber, was Information ist und was nicht Information ist, kann nur eine zur Logik befähigte Person, ein Jemand mit Geist, treffen. Die Existenz von Information im Sein weist uns hin auf eine Quelle der Information, auf einen Logos, auf Gott.
Der Intelligenz des Menschen ist es möglich, die allem Seienden eingeprägten Grundinformationen zu erforschen und zu verknüpfen. Dies gilt für die tote Materie so gut wie für alle Formen des Lebens. Jede Zelle lebt auf Grund ihrer in den DNS-Molekülen gespeicherten Information. Diese eingeprägte Information steuert darüber hinaus das Zusammenwirken aller Zellen eines lebendigen Organismus. Ein einziges Molekül trägt in sich die gesamte Information zum Aufbau einer Pflanze, eines Tieres oder des Menschen. Die Zelle selbst arbeitet wie ein Motor, sie gehorcht den Befehlen, die sie über ihre eingeprägte Information erhält und ausführt.
Information ist jene Kraft, die das Sein in seinen Bahnen hält. Sie ist die lebensspendende, für die Ordnung in der Natur verantwortliche Kraft. Die Information im geschaffenen Sein verweist uns auf den Schöpfergeist. Der Geist Gottes ist es, der das Leben erhält und das Sein trägt. Von ihm schreibt der Evangelist Johannes: "Der Geist ist es, der lebendig macht ... " (Joh 6,63) So finden wir in der geschaffenen Information eine dritte Spur zum Ewigen; wir werden hingewiesen auf die dritte göttliche Person, den Heiligen Geist.
Energie, Licht und Information sind Spuren des Ewigen in unserer geschaffenen endlichen Welt.
Jede dieser Spuren führt hin zum Unveränderlichen, zum Beständigen, zu Gott: die Energie zum Seienden, das Licht zum Verbindenden und die Information zum Lebensspendenden. Energie, Licht und Information sind die Grundbausteine der Schöpfung. Ihr Zusammenspiel bewirkt die Ordnung im Kosmos und erhält das Leben.
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